Out-Cycling Herbst 2020

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Endlich Ferien!

Nach einigen super strengen Wochen auf allen Ebenen (Viel zu lange Arbeitszeiten, hormonell-emotional, nahende OP, und die anderen Themen), ist unsere Ferienwoche endlich da! Eigentlich wollten wir ja die wunderbare Zeit in Finale wiederaufleben lassen, jedoch lässt das das BAG und seine Regionenliste aufgrund von Corona nicht mehr zu. Und so gehen wir mal wieder super spontan in die Ferien. Die Wetterprognose ist bestenfalls düster, und sehr nass, so buchen wir eine erste Nacht in… Zernez. Warum auch nicht.

Begleitet werden wir von unseren treuen, überlebenstauglich bepackten Fahrrädern mit dem Plan, sicher mal das Engadin und Bergell runter (eher rauf, wie sich noch rausstellt) zu sausen und dann spontan zu schauen, was das Wetter so macht und auf was wir Lust haben.

An diesem ersten Samstag stapfe ich erst mal alleine einen nahen Hügel hoch, da sich Louie nicht fit fühlt und lieber etwas piano unterwegs ist. Bei meiner Abendtour an die Grenze des Nationalparks darf ich mich von einigen vollgefressenen (daher imposanten) Gämsen erschrecken lassen und die berühmten röhrenden Hirschen beim Röhren beobachten.

Von Sausen ist dann aber keine Rede am Sonntag: Dank dem eisigen und teilweise regen- und schneegetränkten Gegenwind kämpfen wir uns mit kümmerlichen 4-6 km/h nach St. Moritz und weiter nach Maloja. Vollständig auskühlen lassen wir uns auf der nass-kalten Abfahrt vom Pass runter ins Bergell. In Vicosoprano flüchten wir kurzerhand ins “Hotel Corona” um uns mit einer heissen Schoko Rum aufzuwärmen. Unser ursprünglicher Plan- irgendein leerer Stall als Regenschutz für die Nacht zu finden- geben wir schon bald zu Gunsten von einem Zimmer mit Frühstück, heisser Dusche und vielversprechendem Nachtessen im Trockenen auf. Es sind ja schliesslich unsere Ferien, man darf sich auf keinen Fall erkälten in diesen Tagen und das geht sogar noch unter “Hochzeitsgeschenk”, da wir noch etwas im Kässeli haben.

Am nächsten Tag liegt die neu gezogene Schneegrenze nur wenige hundert Meter über uns. Es ist kalt aber die Sonne drückt durch die Wolkenschichten. Wir wandern nach Soglio hoch, gucken uns das schmucke Dörfchen an und treffen dann nahe der Hauptstrasse Thomas, der heute von St. Moritz aus hergeradelt ist. Zu dritt gehts weiter mit unserem mittlerweile ausgeheckten Plan:

Heute fahren wir über Chiavenna weiter Richtung Comersee bis nach Nuova Olonia. Ab dort Richtung Osten nach Morbegno. Hier beginnt der echte Spass: Die Passstrasse, die sich ab jetzt ca. 20 km lang hochwindet bis zum Passo di San Marco. Schon heute ist die Aussicht grandios, die kleinen Ortschaften, die sich an den Talrändern festklammern beeindruckend und überhaupt- eine traumhafte Strecke! Für die Übernachtung besetzen wir auf ca. 1100 M.ü.M kurzerhand den Aussenbereich eines hübschen Ferienhäuschens (welches wir natürlich in tadellosem Zusand hinterlassen).

Der nächsten Tag beginnt so, wie der letzte aufgehört hat: Hoch-höher und noch höher. Irgendwann erklärt uns ein italienischer Indiana Jones freundlich aber auf italienisch, dass auf dem Pass Schnee liege und wir mit den Fahrrädern vorsichtig sein sollen. Wenig später passieren wir das Fahrverbotsschild. Na ja, jetzt sind wir schon hier oben; im allerschlimmsten Fall drehen wir dann halt um. Die Schneegrenze kommt tatsächlich immer näher und irgendwann zielen wir durch die zwei schmalen Teerspuren, die die Sonnenstrahlen und vereinzelten Autos freigeschmolzen haben. Wir kommen auf jeden Fall besser voran als die drei österreichischen Töfffahrer, die uns anbieten, die Zweiräder zu tauschen. Grandios dieser Pass. Das Umland ist wild und Menschenleer und wir fühlen uns weit weg von der Schweiz. Für die eisige aber schneefreie Abfahrt ziehen wir uns sämtliche mitgeführten Jacken an und vernichten in einer knappen halben Stunde 800 Höhenmeter. Jiiiiha!

Bald wird es wieder wärmer und nach einer Stärkung im Café Centrale in San Martina nehmen wir schon bald den nächsten Pass in Angriff. Dieses Mal führt uns der Auftackt durch eine sehr beeindruckende Schlucht entlang der “Enna”.Dieser zweite Pass ist schon fast ein klacks, da viel weniger Hoch und gerade noch vor Einbruch der Dunkelheit finden wir uns ein idyllisches Übernachtungsplätzchen kurz vor Moggio.

Der Mittwoch startet mit Dessert: Im Sonnenschein die Abfahrt nach Lecco. Wir kämpfen uns durch die italienischen Einbahnsysteme, fahren etwas Autobahn und durchquereren schlisslich weniger hübsche Industriegebiet um Erba um in einer sehr schmucklosen dafür von Einheimischen empfohlenen Pizzeria ein Henkersmal mit Thomas zu geniessen. Nachdem er uns in Richtung Chiasso verlassen hat, knüpfen sich Louie und ich mal wieder -richtig- ein neues Pässchen vor. Wir befinden uns jetzt sozusagen im Schritt vom Comersee. Über Asso und Sormano schlängeln wir uns hoch zum Colma del Piano. Die Aussicht von hier oben: Einmal mehr grandios! In der erstaunlich nahen Ferne- es handelt sich nur um etwa 30 km!) sehen wir die Hochhäuser von Meilands Zentrum. In der Nacht soll sich dann die ganze Ebene in einen glizzernden Städtebrei verwandeln. Taghell zu jeder Zeit. Lichtverschmutzung von ihrer beeindruckendster Seite.

Wir beschliessen kurzerhand, gleich AUF dem Pass zu übernachten. Auf dem Hügel hinter der Passhöhe befindet sich eine geeignete Kuhwiese mit einigen freundlichen Kühe. Probeweise kochen wir uns erst mal Abendessen um zu schauen, wie die Mutter-Kuh-Herde so drauf ist. Sie sind nicht beeindruckt und halten sich in einer anderen Ecke der Weide auf. Sobald wir das Zelt aufgestellt haben sind wir aber eingekreist von den neugierigen Tieren. Wir lassen sie schnuppern und schauen und bringen ihnen etwas Schweizerdeutsch bei. Bevor sie allzu grossen Gefallen finden an unserer Ausrüstung, treiben wir sie aber wieder weg. Vorsichtshalber platzieren wir die Fahrräder und einige Packsäcke als Schutzwall ums Zelt. Die Tiere halten sich aber freunlicherweise fern von uns- es reicht auch der starke Wind, um uns immer wieder aufzuwecken. Passhöhennebenwirkungen.

Wir erwachen zu einem beeindruckenden Sonnenaufgang und spätestens beim Zusammenpacken werden wir auch nochmals von der Herde freundlich begutachtet. Heute lautet unser Ziel “Lugano”, denn morgen muss ich im KSW einrücken. Wir beginnen den Tag erneut mit Dessert= lange (Auf- und ) Abfahrt nach Nesso. Nach einem leckeren italienischen Kaffe schnappen wir uns in perfektem Timing eine Fähre, die uns nach Argegno übersetzt. Hier haben wir uns unser letztes Pässchen gefunden. Über Pellio gehts nach Arogno zurück auf Schweizer Boden. Dank dem Veloumweg um die Halbinsel (Morcote, Agra…) schaffen wir es auch heute auf anständige 80 Km und bis nach Lugano. Trotz eindringlicher Warnung eines Passanten vor den bösen Blaualgen im Luganersee wagen wir (nicht zuletzt zum Wohle anderer Zugpassagiere auf dem Heimweg) den Sprung ins erfrischende Nass. Glizzernde Abendsonne und ein Moment, der am liebsten nie vorbeigehen sollte.

Eine Reise, die ein Anfang sein sollte für mehr… immer weiter immer weiter.