Seit Tagen verfolgen wir die Wettervorhersage. Während von allen Seiten zu hören ist, wie kalt doch das Wetter über Ostern werde, steht für uns fest: Endlich können wir wieder auf eine unserer Velotouren und wieder ein neues Stück Schweiz entdecken!
Tag 1: So brechen wir am Freitag bei schönstem Sonnenschein gleich von unserer Haustüre aus auf. Erstmal gehts ganz freundlich ins Tösstal, von dort Richtung Pfäffikon und dann Richtung Rapperswil. Die Menschenmassen am See erstaunen uns doch sehr, gelten doch immer noch die “Abstand halten” und “Menschenmassen meiden”- Parolen. Wir überqueren den Seedamm und schon erwartet uns die erste Steigung des Tages. Nach einem steilen Umweg schaffen wir es schliesslich auf die Höhe Einsiedeln. Die Strecke zur Ibergeregg mutet noch sehr winterlich an. Verlassen und ruhig liegt der Sihlsee in seinem Bett, umrundet von bleichen Schilfstrorzen und der ganz feinen Ahnung vom Frühling. Auf und ab gehts über Unteriberg durch die Voralpenlandschaft und wieder hoch bis zur Ibergeregg. Langsam spüren wir doch unsere Muskeln doch dank Nüssen und Schokolade schaffen wir es am kälter werdenden Abend über die Passhöhe. Die Abfahrt ist eine wahre Freude. Dank der Abendstunde müssen wir die kurvige Passstrasse nur mit Wenigen Teilen und wir brausen in hohem Tempo und atemberaubender Aussicht die Strasse runter. Das Highlight jedes Passes ist der Moment, wenn sich die Aussicht auf der anderen Seite eröffnet. In unserem Fall bricht die Abendsonne durch die Wolken und verwandelt den Vierwaldstättersee in eine goldig funkelnde Schönheit.
Unter Übernachtungsplätzli ist auch schnell gefunden. Hoch über Schwyz schlagen wir unser Zelt neben einem kleinen Sommerstall auf einem ebenen Flecken auf.
Tag 2: Nach einer kühlen Nacht (wir sind nicht weit unter der Schneegrenze) und einer noch kühleren Abfahrt zur Seehöhe schaffen wir es gerade noch so auf das Schiff, welches uns nach Beckenried übersetzt. Von hier aus geht es weiter Richtung Brünigpass. Wieder kommen wir an verschiedenen kleineren Seen vorbei. Auch die aus früheren Reisen bekannten exzessiven Geburtsschilder der Innenschweizer amüsieren uns wider. Bei manchen Höfen wird das gleiche Baby gleich mit neun grossen Geburtstafeln- und Bäumen gefeiert. Entsprechen häufig bewerben Schilder den Verkauf solcher. Ein ganz eigener Wirtschaftszweig…
Den Brünig erkstrampeln wir uns mit viel Schweiss aber doch noch relativ entspannt und schon bald kommen wir wieder am Hotel Wetterhorn im Hasliberg vorbei, wo wir vor wenigen Wochen ein Wochenende verbracht haben (Hochzeitsgutschein 🙂 )
Nach der Abfahrt nach Meiringen Pedalen wir noch weiter bis nach Brienz, wo wir uns für eine Übernachtung an einem etwas einfacher zugänglichen Ort mit phänomenaler Abendlicht entscheiden. Für das Zelt haben wir schon bald ein etwas Windgeschütztes Plätzchen zwischen zwei Holzbeigen gefunden. Wir werden es aber erst im Dunkeln aufstellen.
Gekocht wird mit Seesicht und Abendsonne im Gesicht und dem Ausblick auf die noch schneebedeckten Bergketten vom Brienzer Rothorn und den hohen Gesellen die sich auf der andern Seite des Tales nach den Wolken strecken.
Tag 3: Auf altbekannter rauf- und runter Strasse gelangen wir von Brienz nach Interlaken. Dort wartet unser Kletterrucksack auf uns. Einige Stunden verbringen wir am Fels ins Neuhaus. Der Kletterort ist sehr beliebt und wir erschrecken nach den letzten beiden zweisamen Tagen fast ein bisschen über die vielen Leute. Nach wenigen Stunden wissen wir, dass wir die nächsten Tage lieber noch etwas Weiterpedalen als uns von unser klettermässigen Untrainiertheit zu überzeugen. So geben wir den Rucksack gleich wieder bei der SBB auf und schrauben uns in der Abendsonne noch einige hundert Höhenmeter Richtung Beatenberg hoch. Auch heute ist unsere Plätzli für die Nacht schnell gefunden. 30 Meter über der Strasse entdecken wir ein halbzerfallenes Häuschen im Wald. Da dieses die einzige flache Stelle bietet, stellen wir unser Zelt gleich in diesem Verschlag drin auf. Natürlich erst nachdem wir die fehlenden Latten behelfsmässig ersetzt und alle vorstehenden Nägel unschädlich gemacht haben.
Von unserer Kochstelle aus haben wir eine tolle Aussicht auf der einen Seite über den Thunersee und auf die andere auf Eiger Mönch und Jungfrau. Selbstverständlich beschenkt uns Mutter Natur auch heute mit einem wundervollen abendlichen Farb-, Licht- und Wolkenspektakel.
Ganz unerwartet klettert noch ein sympathisches deutsches Pärchen auf “unseren” Hügel. Die beiden verpflegen sich nach ihrer Wanderung und sind so nett, uns mit einem sehr willkommenen Feierabendbier zu beschenken. Perfekt.
Nach einer weiteren kühlen Nacht sind wir am nächsten Tag schon bald wieder schweissgebadet. Die Strasse nach Beatenberg hält noch einige Höhenmeter für uns bereit.
Wir lassen das malerische BE-Oberland Dörfchen hinter uns, wollen ins Justistal runtersausen als bei unserem Tagesplan eine grössere Änderung nötig wird:
Viele Möglichkeiten bleiben uns nicht, und so sitzen wir betrogen um die Verdiente Abfahrt schon bald in der Standseilbahn runter zum Thunersee.
Die Höhenmeter zum Teil auf Kieswegen von Merligen wieder hoch nach Sigriswil sind nur knapp mit dem beladenen Velo machbar. Schon bald strampeln wir durch die abgelegen wirkende Hügellandschaft des Emmentals und schliesslich durchs Entlebuech. Der letzte grössere Hügel heute ist der Schallenberg, doch auch der kommt uns nach den vergangenen Pässen nicht mehr allzu streng vor. Streng sind allerdings die röhrenden Töfffahrer und die Zukunftsignoranten, die mit ihren sportlichen Autos die Passstrasse zum Teil wiederholt hoch und runter blochen.
Irgendwann, nach einem langen Tag im Sattel und vielen Kilometern in den Beinen erreichen wir schliesslich Eschholzmatt. Im Bahnhofsklo versuchen wir uns etwas gesellschaftstauglich herzurichten, bevor uns der Zug wieder alle nach Hause und zurück in den Alltag bringt.