Und plötzlich war es da: Unser spezielles langes Weekend in Wellington. Grund des extravaganten Ausfluges ist die gruselige Riesendeutschprüfung von Louie. Für uns ist klar: Wir würden gerne wieder in die Schweiz zurück für den Moment, einerseits damit ich wieder vernünftig verdienen und weitere Erfahrungen im Schweizer Schulsystem sammeln kann, andererseits damit Louie in der Schweiz weiterstudieren kann, was eine solide Ausbildung und massiv kleinere Kosten bedeuten würde. Doch- der Haken an der Sache ist die Sache mit dem Deutsch. Die ZHAW gibt da den Tarif durch und verlangt das zweithöchste Sprachzertifikat von Studenten mit einer anderen Muttersprache. Das heisst, Louie büffelt seit Monaten auf das C1 hin. Ich büffle gewissermassen mit. Neben konstanter Kommunikation in Schriftdeutsch gehören auch Texte gegenlesen inklusive Nachbesprechung, 3 Minuten Vorträge trainieren, über Krankenkasse/ Sozialsystem/ Ausländerintegration/ Jugendarbeitslosigkeit/ Biowelle/ möglicher Tod der Glühbirne/ Klimawandel/ Übergewicht und Sterbehilfe sprechen, Lückentexte kreieren und gelegentliche Aufgebe-Gedanken abwehren zum Job. Phu. Ich bin froh und auch etwas angespannt, dass das Datum endlich unmittelbar bevorsteht.
Nach einem tollen über-den-rot-orange-gelben-Wolken Flug landen wir am späteren Abend in Wellington und spazieren nach einer Busfahrt ins Zentrum zu der feinen Wohnung von James- ein Akroyogi, den wir am Circulation kennengelernt haben. Wir haben ein Riesenglück und dürfen für die drei Nächte bei ihm und seinem Hund Tobi wohnen. Absolut wunderbar!
Am Freitag ist es soweit: Ich liefere ein nervöser, bleicher, zitternder Louie im Goethe Zentrum ab, leihe mir ein Neonheftlein aus und verweile mich in der tollen Stadt! Hier gibts doch tatsächlich Hochhäuser, richtig-echte Architektur, Fussgängerzonen, teuere Einkaufsstrassen, alternative Einkaufsstrassen, Barstrassen, ÖV, Leute die in Starwars-Kostümen durch die Strassen schlendern, ein hippes Hafengebiet und ganz allgemein viel Hipsterism! Gefällt!
Ich finde mir einen Sitzsack,samt Café und Kaffee, liege in der Sonne und drücke Louie ganz fest den Daumen.
Auch wenn wir vorsichtshalber verschiedene Plan B`s entworfen hatten und so versuchten, den Druck zu reduzieren… es ist uns beiden bewusst: Wenn Louie die Prüfung nicht besteht, hat das einige Konsequenzen zur Folge. Wir werden länger in Neuseeland bleiben, ich werde länger nicht als Lehrperson arbeiten können, Louie muss noch viel mehr Geld für sein Studium auftreiben, wir können länger kein Geld zur Seite legen, wir sehen euch länger nicht, etc etc.
So sitze und geniesse ich also, während Louie schwitzt und gelegentlich für Pausen in die Welt entlassen wird. Kurzes Zwischenbriefing und weiter gehts. 5 Stunden lang wird sein Deutsch von den freundlichen Damen auf Herz und Nieren geprüft.
Ziemlich erledigt treffen wir uns nach dem mündlichen und letzten Teil und gönnen uns ein Bier im Hafenquartier. Den Abend verbringen wir mit James, Tobi und Chickencurry und freuen uns auf den bevorstehenden Samstag. Erleichterung! Wenn auch Ungewissheit. Aufs Wegweisende Resultat müssen wir voraussichtlich noch 2 Wochen warten.
Am Samstag zwinge ich Louie zum “City to Sea” walk, der sozusagen vor unserer Haustüre startet. Nach einem Schlenker zu einem kleinen Quartiermarkt sind wir unterwegs und stauen über das grüne, tropische, hügelige, abwechslungsreiche Wellington. Der Weg führt uns in verschiedenen up`s and down`s aus der Stadt raus, überrascht uns mit Häusern auf steilstem Terrain, schreienden Zykaden, unerwarteten Wäldern, Cricket Spielen, Aussicht, und unerwartet vielen (Höhen-) Metern. Einige Stunden später erreichen wir Island Bay, wo wir netterweise auf James und Tobi treffen, die sich ebenfalls am Strand austoben. Dank James und seinem Auto sind wir schon bald wieder zurück im Zentrum und können uns den weiteren Verlauf des Tages ausdenken. Dumplings. Und von da gehts weiter zu einem Streetfood Festival. Und da gibts die Entdeckung des Jahres: Da gibst doch tatsächlich einen Stand, der unsere lang vermissten und hoch vererhten China-Crepes anbietet!!!!! (Haben wir im Beijing Blog von diesen Wahnsinns Omeletten erzählt? Falls nicht: Das war die Streetfood Entdeckung per se: In so einem 3 Quadratmeterschuppen bereitete dieses ältere Ehepaar diese Riesencrepes zu gefüllt mit verschiedenen Saucen, einem Ei, Chabis und ein paar geheimen Zutaten. Louie schwärmt auch heute noch täglich davon. Die Dinger waren der Wahnsinn und wären ganz ehrlich einen Grund, wieder nach China zu reisen!)
So essen und schlemmen wir uns also einmal quer durch den Foodmarkt und beschliessen den Tag in einem Sitzsack der Perfomance Arcade mit einer Wolldecke gegen die beissende Kälte und skurilen Soundkreationen.
Schon vier Tage später werde ich beim Morgenessen unerwartet von Louie angefallen und durchgeschüttelt…..bestaaaanden!!! Ein Wunder und keine Ahnung wie er das geschafft hat 🙂 So so sooo stolz auf ihn!!!! Es trifft sich gut; schon am Abend kriege ich ein Stellenangebot aus Wiesendangen – der Ball rollt :)…