Wenn man eine Karte von der Nordinsel vor sich hat, dann entdeckt man bald einmal, dass Auckland oben links auf dem immer schmaler werdenden Landzipfel festklebt. Schaut man von dort etwas weiter unten rechts immer noch “nahe” von der nödlichen Küste aber ein bisschen im Land, dann entdeckt man irgndwo den Ort Matamata. Von Matamata (berühmt für Hobbiton) her gesehen “unten” liegt der Ort Tirau der vor allem für seine Kunstvollen Wellblechbauten (Schaf-Form) bekannt ist. Und irendwo dazwischen, bei einem Abzweiger von der Totman Road mitten im Hügeligen Hobbit Land, da liegt die Farm, die Louie`s Mutter Kathy bewirtschaftet.
Farm- das bedeutet hier ein bisschen was anderes als in der Schweiz. Das “Bauernhaus” ist meist ein kleineres, einfaches Wohnhaus mit ein bisschen eingezäumtem Umschwung. Rundherum erstrecken sich die grossen Weideflächen und darauf tummeln sich nicht selten ca. 300-400 Kühe. Im Fall von Kathys Farm sind es “nur” 250 Kühe, die wie alle neuseeländischen Milchlieferanten das ganze Jahr auf der Weide verbringen. Zweimal täglich wird die ganze Herde zur zentral gelegenen Melchstation getrieben. Dafür benutzt Kathy einen Quad (macht einen heidenspass darauf rumzurösten!) und ihre treue Hündin “Missy”, die die Herde jeweils zusammen- und vorwärts treibt. Bei der Melchstation warten die Wiederkäuer in einem grossen Paddock , bis sie ins Karusell einsteigen dürfen.
Die Motivation für die Kuh? Kokain! Nach einer Runde im Karusell verlassen die vierbeinigen Ladies die Station jeweils mit einer braunen Nase- oder versuchen heimlich gleich wieder einzusteigen um eine weitere Runde zu fahren. In der Mitte vom Karusell wird das braune “Palm Kernel” eingestreut; ein Restprodukt von der Palmölherstellung. Den Kühen bekommt das braune Pulver offenbar gut und mögen tun sies auch- so gut dass manche von ihnen mit Geschrei und dem Wasserschlauch aus ihrem Schlaraffenlandsitz raus getrieben werden müssen.
Die Melchzeiten- die werden vom Bauern- oder in diesem Fall von der Bäurin- bestimmt. Um selbst zu nützlichen Zeiten frei zu haben klingelt Kathies Wecker jeweils um 4 Uhr 30 in der früh.
Die faulen Mitbewohner, die trotzdem gern ein bisschen mithelfen (Simone) erlauben sich selbst bis 5 Uhr 45 das warme Bett zu hüten. Wenn der Wecker funktioniert und keine geisterhafte Seele den Alarm ganz ausschaltet…
Wenn ich s denn schaffe aufzustehen ziehe ich schnell alte, warme Kleider an, trinke einen Kaffe, schlüpfe in meine ausgeliehenen Stiefel und stapfe im Dunkeln zur Melchstation. Dort sind die ersten Kühe meist schon im Karussell und der Radio dudelt fröhlich vor sich hin.
Wasserfeste Schürze anziehen, zur Einstiegsrampe stehen und dann beginnt die Melcherei:
Knopf drücken, Milchpumpe lösen, Saugvorrichtungen günstig sortieren, vorne rechts, vorne links, hinten rechts hinten links, nächste Kuh. 250 mal. Was ich da ganz ordentlich faszinierend finde ist, dass jede Kuh ganz unterschiedliche Euter hat. Die einen sind hoch und handlich, andere liegen so tief, dass die Melchmaschine auf dem Boden aufliegt. Das wär dann in Kathis Worten eben eine sogenannte “Low Lady”.
Natürlich läuft das ganze nicht ganz non- stop ab. Manchmal gilt es eine aussteigunwillige Kuh rauszuscheuchen, einer gemeinen Brünzelattacke auszuweichen, lose Schläuche wieder anzustcken, nicht saugende Saugdinger neu anzusetzen, kickenden Hinterbeinen auszuweichen oder Kacke abzuwaschen. (Oh ja, es wird fleissig gekackt in diesem Geschäft…)
Nach ca. 2 h sind dann jeweils alle die “Girls” gemolken, der grosse, gekühlte Tank mit 3000 bis 4000 l Milch gefüllt und die Putzarbeiten beginnen.
Ich spritze jeweils den “Wartepadock” ab (= gleich einfach Anfängerarbeit die man kaum falsch machen kann und Kathi putzt die ganzen Innereien der Melchmaschihne, wobei sie da ein bisschen Hilfe von der Maschine selbst bekommt. Nach vielen Litern Wasser sieht dann die Anlage wieder einigermassen appetitlich aus und wartet bis zum nächsten Melchgang am Nachmittag.
Ich gönne mir jeweils eine Dusche und ein feines Zmorge und freue mich, dass ich um 8.30 Uhr am Morgen schon ein paar Stunden gearbeitet habe.
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